Bodensee: Wellenschlag im Sommerloch? IWGB kritisiert Studie

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Die Internationale Wassersportgemeinschaft Bodensee (IWGB) kritisiert Aussagen der „SuBoLakes“-Studie zur ökologischen Belastungen durch die Sport- und Fahrgastschifffahrt und die Medienberichterstattungen dazu.
Ein Motoboot auf dem Bodensee: Der Einfluss der Freizeitschifffahrt auf die Umwelt steht mal wieder im Fokus einer Studie, die für kontroverse Diskussionen sorgt. (Foto: Symbolbild / stock.adobe.com / Countrypixel)

Die Internationale Wassersport Gemeinschaft Bodensee e.V. (IWGB), ein grenzüberschreitender Zusammenschluss zahlreicher Verbände und Institutionen aus den Bodensee-Anrainerstaaten, der auch der Deutsche Motoryachtverband e.V. angehört, kritisiert die aktuell in der Öffentlichkeit diskutierten Ergebnisse der sog. SuBoLakes ((Sustainable Boating on Lakes in Germany) -Studie, die von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördert wurde.

Im Ergebnis kommt die Studie zu dem Schluss, dass der motorisierte Wassersport und die Fahrgastschifffahrt einen hohen negativen Einfluss auf die Ökologie der Gewässer, insbesondere auch des Bodensees hat und fordert maßgebliche regulative Eingriffe.

Undifferenzierte Bewertung der Ergebnisse

In einer Stellungnahme vom 12. August kritisiert die IWGB u.a. eine undifferenzierte Bewertung und Verallgemeinerung der Studienergebnisse, eine sachlich unzulässige Übertragung der Ergebnisse aus Kleingewässern auf den Bodensee, sowie das Verschweigen der Tatsache, dass zahlreiche der geforderten Maßnahmen auf dem Bodensee bereits z.T. seit Jahrzehnten erfolgreich umgesetzt werden und Wirkung zeigen.

In der vorgelegten Studie, an der auch Wissenschaftler der Uni Konstanz beteiligt waren, wurden Seen und Gewässer von unterschiedlicher Charakteristik untersucht: Der Bodensee als drittgrößter europäischer See, zwei oberbayerische Seen und viele kleinere Gewässer und Kanäle in Brandenburg. Da liegt es lt. IWGB auf der Hand, dass die Ergebnisse auch entsprechend differenziert ausfallen. So ist die Wellenbildung auf einem kleinen Gewässer ein anderer Faktor und hat andere Einflüsse als auf dem großen Bodensee. Schon allein deswegen, weil auf dem großen See die Schiffe größer sind - und auch oft größere Wellen machen als die kleinen Boote auf den kleineren Seen. Dem entsprechend wird in der Studie selbst auch die charakteristische Schifffahrt einschließlich der Fahrgastschiffe und Fähren auf dem Bodensee gewürdigt.

Verallgemeinernde Fokussierung auf den motorisierten Wassersport

Dass nun aber die Marketingabteilung der Uni Konstanz aus der breit angelegten Studie in – lt. IWGB – „marktschreierischer Manier“ auf die „Freizeitschifffahrt auf deutschen Seen“ und in der Überschrift ihrer Pressemitteilung vom 1. Juli 2025 schon allein auf den „motorisierten Wassersport“ fokussiert, ist aus Sicht der IWGB eine unzulässige Verzerrung.

„Die Ergebnisse von Kleinstgewässern zu verallgemeinern und auf den Bodensee zu übertragen, ist nicht hilfreich. Dass viele der in der Pressemitteilung der Uni Konstanz vorgetragenen Forderungen am Bodensee längst umgesetzt sind, geht leider darin und in den darauf basierenden Medienberichten völlig unter.Es gilt, die Perspektive auf den Bodensee, der in vielen Umweltbelangen bereits europaweit Vorbildcharakter hat, gerade zu rücken!“, so die IWGB. Der Bodensee ist das größte Binnengewässer in Deutschland, hat daher auch eine große Bedeutung - und sollte folglich auch separat betrachtet werden. Eine Verallgemeinerung von Nischeneffekten auf den größten See Deutschlands ist nicht hilfreich.

Die Studie selbst differenziert da auch entsprechend: „Am Bodensee spielt die Wellenbelastung durch intensive Fahrgastschifffahrt eine besondere Rolle“, heißt es auf Seite 81. Und weiter: „Die von schnell fahrenden Fahrgastschiffen erzeugten Schiffswellen haben im Unterschied zu Wellen von gewöhnlichen Sportbooten vergleichsweise große Amplituden und Wellenlängen.“ Auch auf der folgenden Seite wird festgehalten: „An Uferabschnitten mit regelmäßigen Passagen von Fahrgastschiffen spielen Wellen von Sportbooten kaum eine Rolle für die Uferbelastung durch Schiffswellen.“ In der zugehörigen Abbildung sieht man, dass die Routen der Dampfer nahezu an allen Uferabschnitten entlangführen. In der Zusammenfassung des Kapitels „Wellenbelastung durch Sport- und Fahrgastschifffahrt“ wird dann ausgeführt, dass am Bodensee „an vielen Uferabschnitten die Belastung durch Wellen von Fahrgastschiffen größer {ist}, als die von Sportbooten“.

Unseriöse Berichterstattung in den Medien

Doch all diese Feststellungen interessieren derzeit in der Medienlandschaft wohl niemanden. Die lt. IWGB einseitige Darstellung in der Konstanzer Pressemitteilung wird in zahlreichen Medien weiter zugespitzt und gipfelt in Schlagzeilen wie „Zu viele Boote am Bodensee“, „Motorboote schaden Tieren und Pflanzen im Uferbereich“, „Sportboote schlagen hohe Wellen …“ oder gar „Freizeitschifffahrt belastet deutsche Seen erheblich“ in diversen Social-Media-Kanälen, Fernsehen, Funk und Tagespresse. 
Hier scheint der alte Grundsatz zu gelten: „Only bad news are good news“ und das Kreieren von Feindbildern – in diesem Fall die Bootsfahrer – sorgt für eine entsprechende „Empörungskultur“ und damit für Aufmerksamkeit.

Natürliche Einflüsse überwiegen z.T. auf dem Bodensee

Bleibt man jedoch bei der Studie selbst und gleitet nicht in die effektheischende Berichterstattung ab, so ist zu lesen, dass Windwellen am Bodensee sogar größer sein können als die von Schiffen (Seite 77). Die IWGB zitiert aus der Studie: „Die maximalen Wellenhöhen der Windwellen sind mit 0,54 m und 0,59 m mehr als doppelt so groß wie die der Schiffswellen.“ Während ein Schiff über einen kurzen Zeitraum einige Wellen erzeugt, laufen Starkwindereignisse wie Gewitter, Stürme oder Fön über einen langen Zeitraum, was bedeutet, dass bei starkem Wind Wellen oftmals größer sind und länger auf das Ufer einwirken als der gelegentlich von Schiffen verursachte Schwell. 
Vergleicht man dies mit der kurzen Saison für die meisten Sportbootfahrer von Mitte Mai bis Mitte September, relativiert das die Einflüsse nochmals. Ist das Wetter am See zudem noch schlecht, so wie aktuell im Juni und Juli 2025, sind dem ganzen See zudem auch dann kaum Sportboote sehen. Auch die Marina-Betreiber sprechen von einem „ruhigen“ Sommer. Letztlich sind es wenige Tage im Sommer, wo Wellen von Sportbooten überhaupt bemerkbar sind.

Bootsdichte pro Quadratkilometer: IWGB widerspricht

In zwei Punkten widerspricht die IWGB der Studie: Nicht zutreffend sind lt IWGB in der Studie die Berechnungen zur Bootsdichte von 112 Booten pro Quadratkilometer Seefläche. Auch hier wird nich differenziert: Der See ist 536 km² groß, was im Umkehrschluss bedeuten würde, dass ca. 60.000 Boote auf dem See unterwegs wären. Diese Zahl entspricht zwar ungefähr den zugelassenen Wasserfahrzeugen der offiziellen Statistik des Jahres 2022, jedoch sind darin sind bereits Ruderboote ab 2,5 Meter Länge berücksichtigt.

Zudem ist der Trend lt. IWGB entgegen anderen Behauptungen rückläufig. Auch bemängelt die IWGB in ihrer Stellungnahme, dass zwar erwähnt wird, dass nur knapp 30.000 Liegeplätze im Wasser und an Land zur Verfügung stehen, (S. 122), dies fällt aber in der Berechnung der „Bootsdichte“ unter den Tisch. Gerade am deutschen Ufer des Bodensees werden lt. IWGB viele Boote oft nur für kurze Zeit zugelassen – werden aber für drei Jahre in der Statistik geführt, ohne tatsächlich am See existent zu seien. Obwohl sie nicht da sind, werden sie dann gerne in solchen Rechnungen über Bootsdichte und Spritverbrauch eingerechnet.
Die IWGB verweist hier für weitere Infos zu den Liegeplatzzahlen auf die Website: www.gewerbe-am-see.ch

Auch die lt. Studie Freizeitbootssport beanspruchte Fläche zieht die IWGB in Zweifel und weist hier den eigenen Berechnungen einen deutlich geringeren Flächenverbrauch aus als in der Studie angegeben.

Bootsgeschwindigkeit vs. Wellenhöhe / Verdränger vs. Gleiter

Auch die von Laien immer wieder Mantra-artig aufgestellte Behauptung, dass Boote mit zunehmender Geschwindigkeit zwangsläufig größere Wellen verursachen, wird auch in dieser Studie wiederholt und von der IWGB wie auch schon früher als zu pauschal kritisiert. Wie schon oft beschrieben und in zahlreichen Fachbeiträgen ausführlich erklärt und in der Praxis vielfach nachgewiesen, trifft dies für Verdränger zu. Deren theoretische Maximalgeschwindigkeit wird von der Länge der Wasserlinie definiert und auch limitiert. Daher macht eine hohe Fahrt mit starker Wellenbildung weder ökonomisch noch in Sachen Fahrkomfort Sinn und wird in der Praxis meist vermieden. Das Wellenbild wird jedoch auch von weiteren Faktoren, wie der Form des Rumpfes, dessen Auslegung oder dem Bootstrimm bestimmt. Viele Gleiter erzeugen in Gleitfahrt daher nachweisbar kleinere und schneller auslaufende Wellen, als wenn sie in langsamer Verdrängerfahrt unterwegs sind.

Als Fazit hält die IWGB fest:

Viele der in der Studie vorgeschlagenen Maßnahmen sind am Bodensee längst Realität: So gilt seit vielen Jahren ein Mindestabstand zum Ufer von 300 Meter für unter Motor fahrende Boote, sowie eine maximal zulässige Geschwindigkeit 40 km/h auf dem freien See. Fahrten vom oder zum Liegeplatz sind senkrecht zum Ufer durchzuführen, dabei gilt eine Maximalgeschwindigkeit von 10 km/h bei der kaum Wellen erzeugt werden. Boote über 2,5 Meter Länge müssen registriert werden und die Liegeplätze am See sind seit Jahrzehnten limitiert. Neue werden in der Regel nur genehmigt, wenn an anderer Stelle Liegeplätze (z.B. Bojen) reduziert werden. Die Zahl der Liegeplätze ist seit über 20 Jahren (2003 waren es laut ISKB 29.578) weitgehend konstant.

Damit bestimmte Regeln nicht in Vergessenheit geraten, haben IWGB, der Internationale Motorbootverband und der Bodensee Segler Verband in Kooperation mit Vertretern der Wassersportbranche kürzlich ein Faltblatt „Seemannschaft und Rücksichtnahme“ aufgelegt, das an vielen Stellen den Bootseignern überreicht wird.

Was weder in der Studie noch in der Beichterstattung erwähnt wird, ist der Freizeit- und Erholungswert des Bootfahrens. Nicht berücksichtigt wird auch die intensive Jugendarbeit in den Vereinen, in denen Kindern und Jugendlichen nicht nur verschiedene Wassersportarten beigebracht werden, sondern auch Werte wie Verantwortung, Bewusstsein für Technik, Natur und Umwelt, Flexibilität, Teamgeist, Fairplay oder die Auseinandersetzung mit den Kräften der Natur vermittelt werden. Wie viele Menschen direkt davon profitieren, sich auf dem Wasser erholen zu können, und positiven Nutzen daraus ziehen, das hat bisher jedoch noch keine Studie interessiert.

Daher appelliert die IWGB in Ihrer Stellungnahme für ein rücksichtsvolles und gedeihliches Miteinander und verweist darauf, dass den Wassersportlern, die sich in der Natur bewegen und die die Natur erleben und nutzen wollen die Umwelt besonders am Herzen liegt.

https://iwgb.net/

 

 


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